Die Medizin ist eine praxisorientierte Erfahrungswissenschaft. Ziele sind die Prävention(Vorbeugung) von Erkrankungen oder von deren Komplikationen; die Kuration (Heilung) von heilbaren Erkrankungen, oder die Palliation (Linderung) der Beschwerden in unheilbaren Situationen. Auch die Rehabilitation (Wiederherstellung) der körperlichen und geistigen Fähigkeiten der Patienten ist Aufgabe der Medizin.
Ärzte und nichtärztliche Therapeuten erstellen dafür Behandlungspläne und überwachen den Behandlungsverlauf in der Patientenakte. Diese patientenbezogenen Unterlagen sind gleichzeitig Dokumente von juristischer Bedeutung. Im medizinischen Alltag werden im Idealfall wissenschaftliche Erkenntnisse mit den Resultaten der Anamnese sowie der ärztlichen Intuition und Erfahrung kombiniert, um dem individuellen Patienten gerecht zu werden.Dabei ist die persönliche Patient-Arzt-Beziehung wesentlich, die immer dann entsteht, wenn jemand mit einem Gesundheitsproblem Hilfe sucht. Nach Ansicht der Medizinhistoriker hat sich diese Beziehung mit dem Aufkommen der modernen Medizin fundamental gewandelt. Das Expertenwissen und die Autorität der einheitlich ausgebildeten Ärzte hat ihnen eine dominante Rolle beschert, die Barbiere, Steinschneider, aber auch akademische Mediziner des alten Schlages mit ihren meist erfolglosen Krankheitstheorien nicht hatten. Die Ärzteschaft hat heute die weitgehende Definitionsmacht, was Krankheit ausmacht und welche medizinischen und medizinisch-politischen Maßnahmen dagegen ergriffen werden sollten. Andererseits hat die bürgerliche Gesellschaft (in Deutschland seit der späten Kaiserzeit) auch wieder versucht, denpaternalistischen Ermessenspielraum der Ärzte zu beschneiden, etwa durch die 1884 (Richard Keßler) erstmals veröffentlichte juristische Einstufung ärztlicher Eingriffe als Körperverletzung, für die die Zustimmung des Patienten unabdingbar ist. Es wird nunmehr eine deliberativeLeistung vom Therapeuten erwartet, dessen Fachwissen die freie Entscheidungsgewalt des Patienten stützt, nicht ersetzt. Die damit verbundene Pflicht zur ärztlichen Aufklärung ist auch unter dem Eindruck des überwundenen NS-Regimes heute international unangefochten; sowohl in international gültigen Dokumenten wie der Deklaration von Helsinki als auch im nationalen Strafrecht und den Berufsordnungen der Medizinalberufe.
Sowohl Ärzte als auch andere Heilberufe verwenden einen analytischen Krankheitsbegriff - die Krankheit als Funktionsstörung des Organismus. Auf Basis einer Vertrags- und Vertrauensbeziehung können Daten zur Krankengeschichte (Anamnese) erhoben werden und eine gründliche klinische Untersuchung durchgeführt werden. Technische Verfahren zur medizinischen Untersuchung mithilfe eines Labors,bildgebender Verfahren wie Röntgen und vieler anderer Untersuchungsverfahren wie des Elektrokardiogramms ergänzen die gesammelten Informationen. Zur ärztlichen Kunst gehört es, die Vielzahl der Fakten und Beobachtungen zur Diagnose zu integrieren. Nur eine korrekte Diagnose ermöglicht die erfolgreiche Therapie. Dieser analytische Krankheitsbegriff der wissenschaftlichen Medizin hat weitgehend - übernommen auch von vielen alternativen Therapeuten - die ontologischen Vorstellungen früherer Jahrhunderte weitgehend abgelöst. Umstrittene Grenzfälle der Krankheitsdefinition sind Behinderungen und psychische Erkrankungen, deren Definition stets auch gesellschaftlich sein wird.
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